Krücken - eine Geschichte
Ein alter Mann hatte sein Bein gebrochen und musste an Krücken gehen. Dabei entdeckte er, wie nützlich die beiden Stöcke waren. Sie halfen ihm beim Gehen, zudem konnte er mit ihnen kleine Hindernisse beiseiteschieben oder aufsässige Hunde verscheuchen. Und wenn es niemand sah, holte er mit einem Stock eine Frucht vom Baum des Nachbarn.
Der Alte war begeistert und behielt die Stöcke, als sein Bein geheilt war. Bald gingen auch seine Frau, Kinder und Enkelkinder an Krücken. Die neue Art des Gehens verbreitete sich im Dorf und schliesslich im ganzen Land. Es gab Stöcke in allen Farben und Formen, und es gab diplomierte Krückologen, welche lehrten, wie man mit den Dingern geht.
Eines Tages, nach vielen, vielen Jahren, legten ein paar Frauen und Männer ihre Stöcke ab. Sie hatten entdeckt, dass es möglich ist, ohne fremde Hilfsmittel zu gehen. Doch niemand glaubte ihnen. Viele lachten die Krückenverweigerer aus, andere ärgerten sich über sie und schimpften. Schliesslich wurden die Abtrünnigen wegen Unruhestiftung ins Gefängnis geworfen. Denn so viel stand fest: Krücken gehören zum Menschen.
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