ias institut für angewandte sozialwissenschaften: August 2009

Montag, August 31, 2009

Coachingausbildung? Noch eine Reaktion

Paul Baumann aus der Gruppe OE/Coaching 08 bringt das Thema nochmals genau auf den Punkt:

Bei genauerem Durchlesen des Artikels von Kuntz stimme ich ihm noch stärker zu als beim ersten Überfliegen. Coaching ist m.E. kein eigener, unabhängiger Beruf. Ein Coach braucht eine eigene solide Feldkompetenz und Berufserfahrung. Ich erlebte in den letzten Jahren mehrmals, dass Newcomer mit zu schmaler eigener Erfahrungsbasis als Coachs scheiterten und dann arbeitslos wurden. Ich kann auch nicht– zumindest nicht sofort – weit über meiner Hierarchiestufe, in der ich vorher tätig war, als Coach arbeiten. Dennoch gibt es Coachs, die im Laufe der Jahre auch in anderen Feldern als ihrem angestammten aktiv werden – meist auf Empfehlung von zufriedenen Kunden, also als direkte Folge Ihrer soliden Arbeit.
Auch wenn eine Coaching-Ausbildung nicht direkt zu einem eigenständigen Beruf führen mag: Sie ist dennoch eine sehr gute, die eigene Ausbildung ergänzende Zusatzqualifikation. Im Sozialbereich z.B. gibt eine absolvierte Supervisions- und Coachingausbildung oft den Ausschlag, als Gruppen-, Abteilungs- oder Bereichsleitung tätig werden zu können. Bei einer Bewerbung ist sie neben der Fachausbildung ein eindeutiger Pluspunkt. Die erworbenen Kompetenzen sind in der neuen Tätigkeit durchaus von Nutzen. Und etliche dieser Leute sind ausserdem zusätzlich entweder innerhalb ihrer eigenen Institution / Organisation oder freiberuflich nebenher als Coach tätig. Eine gute Sache, meine ich. Im Buch «Mythos Coaching» (Dahinden/Freitag/Schellenberg, Zürich 2009) findet man übrigens interessante und solide erhobene Daten zum Schweizer Coachingmarkt.
Wenn Kuntz jeder Coachingperson empfiehlt, zuerst eine solide Trainer- und Beraterausbildung (was ist da überhaupt genau gemeint?) zu absolvieren, dann empfehle ich umgekehrt jedem Fachtrainer und Fachberater, zusätzlich eine solide Coachingausbildung zu absolvieren. Die Betonung liegt dabei auf «solide». Die BSO Anerkennung ist dabei nur eines der wichtigen Kriterien, andere wären z.B. eine erhöhte Sozial- und Selbstkompetenz, Wahrnehmungsfähigkeit, Reflexions- und Methodenflexibilität, etc..
Die Finanzberechnung von Kuntz teile ich – würde allenfalls sogar weiter gehen. Wenn ich schon selbständig sein will, soll es sich auch lohnen. Um netto ungefähr einen Sekundarlehrerlohn zu erreichen, ist ein Umsatz von ca. Fr. 170‘000.- nötig. Davon geht der erwähnte Drittel weg für Infrastruktur und Lohnnebenkosten. Etliche mir bekannte Beraterpersonen rechnen nur mit einem Drittel verrechenbarer Zeit. D.h. etwa 80 bis 90 Tage pro Jahr sind verrechenbar. Der nötige Tagesumsatz kann also statt mit Fr. 1000.- durchaus mit gegen Fr. 2000.- veranschlagt werden.

Mittwoch, August 26, 2009

ias Trainees und der Markt: zum 4.

Ich fand diese Reaktion auch noch bezeichnend für die Möglichkeiten am ias:
  • Ich finde, es hat richtige Aspekte in diesem Artikel, was die Möglichkeiten, sich als Coach selbstständig zu machen betrifft. Meinerseits lebe ich es in etwa so, da ich 60% eine Festanstellung habe und 40% im Bereich Coaching und Trainings selbstständig arbeite. Diese Kombination finde ich sehr sinnvoll, da der Bezug zur Praxis, z.B. als Führungsperson damit gegeben ist. Ich persönlich habe eher Mühe damit, wenn Berater/innen ohne jegliche Führungserfahrung, Führungspersonen und Organisationen beraten.

    Die Verantwortung des ias als Ausbildungsinstitution, in Bezug auf die Umsetzungsmöglichkeiten des Erlernten, sind meiner Ansicht nach begrenzt. Wie bei jeder Ausbildung, bezahle ich mit den Kurskosten für Inhalte und Qualität und sicher den möglichen Praxisbezug. Ich erwarte aber keine Jobgarantie. Dass ich mein Wissen nachher aktiv umsetze und erfolgreich bin, hängt von vielen weiteren Aspekten ab. Die Bildungsinstitution für den nachträglichen beruflichen Erfolg oder Misserfolg verantwortlich zu machen, betrachte ich als Ausrede und als Unvermögen sich selber nicht richtig einzuschätzen zu können und eigene Schwächen nicht zu erkennen.
    Eure Verantwortung liegt meiner Ansicht nach nur darin, keine falschen Versprechungen zu machen, was ich aber bei euch auch nie gesehen habt. Ich habe alle Trainer immer als sehr realistisch und transparent erlebt.

    Zudem haben eure Ausbildungen (aus meiner Erfahrung jedenfalls) einen sehr hohen und nachhaltigen Nutzen für die eigene Person und wenn jemand aktiv mitdenkt und bereit ist, sich einzulassen, kann er die Aspekte der Ausbildung in seinem Berufsfeld und auch privat nutzen. Diesen Effekt unterschätzen viele Leute, weil Sie investiertes Geld für Weiterbildung oft nur auf eine konkrete berufliche Umsetzung reduzieren – z.B. auf die einfache Formel…“ich werde Coach“.

ias Trainees und der Markt, zum 3.

Und zum dritten:
  • Es ist schwieriger, als ich früher einmal gemeint habe. But you’ve never promised us a rose garden...
  • Die Inhalte der Artikel des Schreibers sind immer irgendwie diesselben. Mir kommt das vor, als ob mir ein Verkäufer von Goretex-Jacken erzählt, dass ich nass werden kann, wenn ich im Regen spatzieren gehe. Wunderbar und besten Dank für diese Erkenntnis!
  • Er hat in dem Punkt sicher recht, dass sich einige (viele) allzuschnell Coach, Berater oder was auch immer nennen und sich dass schnelle Geld, oder die grosse persönliche Befriedigung erhoffen. Aber diese Leute werden vom Markt ganz schnell aussortiert. Der Kunde ist ja nicht ganz dumm.
  • Für das IAS sehe ich keine Bedeutung in diesen Aussagen, da mir nie suggeriert worden ist, mir würden ab Januar 2010 die Leute die Hütte stürmen, «nur» weil ich das Programm Coaching Competence absolviert habe. Ich bekomme, neben fachlichen Inhalten, das Gefühl vermittelt, sehr sorgfältig mit dem Thema umgehen zu sollen. Für mich ist CC der Beginn eines Ausbildungsweges, der sich über Jahre hinzieht, und der vom ias auch angeboten wird. Heilsversprechungen exklusive.

ias Trainees und der Markt, zum 2.

Noch einige Reaktionen:
  • Im März dieses Jahres habe ich den Einstieg in die Coaching-Welt mit «Coaching Competence» gewagt. Die Ausbildung gefällt mir sehr gut und viele Themen interessieren, bewegen, faszinieren mich. Nach den Ausbildungs-Sequenzen fühle ich mich meist «beflügelt» und inspiriert, wenn man das so sagen kann... Die Klarheit und Nüchternheit des Textes von Bernhard Kuntz holte mich für einen Moment auf den Boden zurück. (…) Heute – zwei Wochen später - sehe ich seinen Aussagen mit anderen Augen – bin etwas distanzierter als damals, als ich den Artikel gerade gelesen hatte. Somit ist meine Verunsicherung weitgehend verschwunden.
  • Im Artikel werden alle seriösen und unseriösen Anbieter in einen Topf geworfen. Ich hatte am ias nie den Eindruck, mit einem solchen so genannten «leeren Versprechen» zur Teilnahme der Ausbildung «geködert» zu sein.
  • Ich hatte den Artikel gelesen. – Für mich schreibt Kuntz nichts Neues, dafür mit viel korrosiver Energie aufgeladen. Der halbherzige Schluss trägt wenig dazu bei, die pessimistische Grundstimmung zu korrigieren. Dass der Coachingmarkt übersättigt ist und sich viele halbseidene Gestalten und Anbieter tummeln, weiss man schon nach einer kurzen Einarbeitungsphase ins Thema (und diese wiederum wird einem ja VOR dem Entscheid für eine Ausbildung in diesem Bereich angeraten). Dass man sich kaum “nur” mit (Einzel-?, Gruppen-?, Team-?) Coaching über Wasser halten kann, merkt man auch schnell. – Aber ist das schlimm?
  • Ich jedenfalls bin zufrieden mit meiner Wahl. Ich habe mich eben (teil!!!-)selbständig gemacht und habe meinen ersten Auftrag bekommen. Ich freue mich, und weiss, dass ich mit der persönlichen und professionellen Entwicklung, die ich in den kommenden Jahren durchlaufen werde, so oder so Erfolg haben werde, auf meinem Weg als Coach und Berater.
  • Bei vielem habe ich genickt: es ist eine wertvolle Zusatzkompetenz, mit der sich selten das ganze Brot verdienen lässt. Es ist keine – wie so oft versprochene – neue Berufsausbildung. Doch das versprecht ihr am ias nicht.
  • Mit den Kernaussagen des Artikels gehe ich mit Bernhard Kuntz grundsätzlich einig. Diese haben mich wenig überrascht. Nicht ganz sicher bin ich mir, ob der Autor wirklich verstanden hat, was hinter professionellem Coaching steckt und was eine dreijährige Ausbildung im Vergleich zu einer einjährigen Schnellbleiche ausmacht.

ias Trainees und der Markt

Wir haben unseren Trainees den Artikel von Bernhard Kuntz vorgelegt, und sie um ihre Meinung gebeten. Der Text ist nicht gerade ermutigend für Leute, die entschieden haben, in eine Zukunft als Fachperson in der Beratung zu investieren, und wir wollten wissen, wie das ankam. Einige Aussagen:
  • Dem Mann gebe ich schon teilweise recht. Es würde mir nicht in den Sinn kommen, von heute auf morgen meinen Job zu kündigen und 100% als OE/Coach zu arbeiten. Das Risiko wäre zu gross und die Familie zu Recht besorgt. Und dennoch, ich sehe meinen Weg, welcher ein Teilzeitpensum für OE/Coaching und ein anderes für Banking (oder einen möglichen anderen Job) vorsieht, als vielversprechend und für mich v.a. als äusserst motivierend an.
  • Nach fast vier Jahren ias und 5 Jahren Universität erkenne ich den Wert meiner Ausbildungen in der täglichen Arbeit. Ich persönlich schätze sowohl das prozesshafte Lernen am ias, als auch das thesenzentrierte und auf Diskurs basierende Lernen an der Universität - nicht zu vergessen das stundenlange Auswendiglernen;-).
    Im Bezug auf meine Tätigkeit als Coach und Organisationsberater helfen mir beide Ausbildungen. Natürlich ist das ias mit seinem Lernkonzept viel näher an der Arbeitswelt. Gerade für meine direkte Beratertätigkeit ist die Ausbildung zum Organisationsberater/Coach für mich heute unentbehrlich.
  • Die Aussagen bezüglich den kleinen Chancen mit Coaching/Supervision den Lebensunterhalt einer Familie bestreiten zu können, haben mich nicht überrascht. In der Selbstevaluation komme ich zum selben Schluss, dass durch eine Ausbildung in Supervision/Coaching nicht automatisch eine Beratungskarriere erhofft, erwartet werden kann. Dies aber auch nicht unbedingt der Anlass für diese Ausbildung sein muss. Allerdings bin ich der Meinung und Überzeugung, dass durch eine fundierte Ausbildung in Coaching/Supervision die Sozial- und Führungskompetenz wesentlich erweitert wird, was wiederum die beste Grundlage für jede berufliche Weiterentwicklung ist.
  • In diesem Punkt erfahre ich auch die grosse Stärke der Ausbildung am ias. Die Entwicklung und Förderung der eigenen Persönlichkeit ist durch die verschiedenen Anlagen garantiert, wenn man sich auf den Prozess einlässt. Man erarbeitet sich einen Schlüssel, der erlaubt selbstbewusst und verantwortungsvoll die Türe für eine selbständige Beratung zu öffnen, wenn dies zu seinem Lebensziel passt. Verzichtet man auf diesen Schritt, erlebt man einen deutlich bewussteren und feinfühligeren Umgang mit Menschen in Organisationen. Auch dies hinterlässt Spuren und manche Entwicklung wird ermöglicht, die einem selber oder Teams sonst verschlossen wären.

Coaching ist nicht gleich Coaching

In den Ausbildungen am ias ist die Marktpositionierung unserer Trainees ein ständiges Thema. Dabei stellt sich immer mehr heraus, dass Coaching nicht gleich Coaching ist:
  • Jeder unserer Trainees hat eine eigene Unique Selling Proposition. Diese entsteht aus dem Wechselspiel von Alter, Berufserfahrung und der prozessorientierten Ausbildung am Institut.
  • Wenn eine Person ihre Stärken in der Wirtschaft oder in der Lehrerausbildung hat, macht es keinen Sinn, dass sie ihr Glück auf dem Coachingmarkt im Gesundheitswesen versucht.
  • Das setzt voraus, dass Menschen, die nicht über eine solide Basis in einer Berufsausbildung und -erfahrung verfügen, nirgendwo wirklich andocken können und auf dem Markt chancenlos sind.
  • Eine Coachingausbildung vom Typus «Schnellbleiche» bietet zu wenig Basis, um Kunden im bekannten Segment eine wirkliche Alternative zu bieten.
  • Eine Coachingausbildung muss einen Raum bieten, worin Trainees wirkliche Alternativen lernen für die Probleme, die im ihnen bekannten Kompetenzbereich auftreten.
  • Diese Alternativen müssen frische Denkmodelle, brauchbare Methoden und eine tiefe persönliche Entwicklung umfassen.
Wenn ich eine Gruppe von Trainees in diesem Prozess der Identitätsfindung begleite, sehe ich also keine acht «Coaches», sondern acht Individuen mit einer je einzigartigen Kompetenz, die sich darauf vorbereiten, andere Individuen in ihrem persönlichen Entwicklungsprozess am Arbeitsplatz zu begleiten. Das lernt man nicht in sieben Wochenenden.

Wird der Coachingmarkt überschätzt?

Der Markt für Coaching wird stark überschätzt, so schrieb Bernhard Kuntz vor einigen Wochen im ALPHA vom 08.08.2009 (siehe unten), und er rät davon ab, sich als Coach selbständig machen zu wollen. Für Newcomer gäbe es auf dem Markt keinen Platz. Coachingausbildungen würden diesen Newcomern mehr oder minder direkt versprechen: Wenn ihr unsere Ausbildung absolviert, dann könnt ihr euch damit eine berufliche Existenz aufbauen.

Der weitere Inhalt des Artikels ist etwas weniger provokativ: Es können sich nur diejenigen selbständig machen, die – auf dem Hintergrund einer guten Berufserfahrung – eine solide Ausbildung als Berater und Trainer haben. Der Autor stellt die legitime Frage: Welche obere Führungskraft akzeptiert einen Gesprächspartner, der aufgrund der bisherigen Laufbahn noch nie einen Betrieb von innen sah?

Ganz unwidersprochen möchten wir als Ausbildungsinstitut die Thesen von Herrn Kuntz nicht lassen. Für Tauchlehrer gibt es eine alte Regel: Du kannst mit Deinem Schüler nicht tiefer gehen als Du selbst mal getaucht bist. Das gilt für jede Form von Begleitung und Beratung. Eine Coachingausbildung rechnet sich für den nächsten Schritt auf der Lebensleiter, aber niemand kann auf dieser Leiter auch nur eine Sprosse auslassen. Das kann bedeuten, dass ein selbständiger, erfahrener Fachtrainer den Schritt zum Managementcoach mit Leichtigkeit schafft, während eine solche Ausbildung für eine Fachhochschulabsolventin mit einigen Jahren Erfahrung on-the-job eine Erweiterung ihrer Perspektive bedeuten kann, die ihr hilft beim Stellenwechsel in einen gewünschten Bereich.

In der Ausbildung am ias geht es nicht nur um die Aussenseite des Coach-Seins, um den schnellen Erfolg. Die Innenseite, der persönliche Entwicklungsprozess während der Coachingausbildung ist wenigstens so wichtig.

Am ias versprechen wir Ihnen nicht das Blaue vom Himmel. Wir schauen mit Ihnen genau, auf welcher Sprosse der Leiter Sie jetzt stehen, und was eine solide Beratungsausbildung in dieser Lebensphase für Sie bedeuten kann. Melden Sie sich mal für ein Gespräch mit uns: 081 302 77 03. Es kostet Ihnen nichts und kann viele Fragen beantworten!

Aus ALPHA: Bernhard Kuntz über Coachingausbildungen

Kürzlich erschien in ALPHA ein provokativer Artikel von Bernhard Kuntz:

Ich mache mich als Coach selbstständig. Das beschliessen mehr und mehr Männer und Frauen, die im Beratungsmarkt Fuss fassen möchten. Dies erweist sich oft als schlechte Entscheidung: Der Markt für Coaching wird stark überschätzt - nicht nur, weil die meisten so genannten Coachings faktisch «Trainings-on-the-job» sind. Mehr

Coaching Magazin gratis online

Mit einem Monat Verzögerung nach Erscheinen der Printausgabe wird das komplette Coaching-Magazin als PDF-Datei zum Gratis-Download zur Verfügung gestellt. Den Gratis-Download der Ausgaben 1/2008, 2/2008, 3/2008, 1/2009 und 2/2009 finden Sie hier.

Interview mit John Whitmore

Am 25.08.2009 ist die Ausgabe 3/2009 des Coaching-Magazins erschienen. Im großen Coaching-Interview der 64 Seiten umfassenden Ausgabe kommt diesmal der Coaching-Pionier Sir John Whitmore zu Wort. Ein Auszug aus dem Interview kann hier online gelesen werden. Ein Preview zum Heft finden Sie hier.