ias institut für angewandte sozialwissenschaften: Über das Finden der Worte

Samstag, Juni 25, 2005

Über das Finden der Worte

Die Auseinandersetzung mit dem Nicht-Gesagten und die Anerkennung der Verwirrung sind in Coaching und Supervision oft wichtiger als die erstbeste Lösung:
Von tausend Erfahrungen, die wir machen, bringen wir höchstens eine zur Sprache, und auch diese bloss zufällig und ohne die Sorgfalt, die sie verdiente. Unter all denen stummen Erfahrungen sind diejenigen verborgen, die unserem Leben unbemerkt seine Form, seine Färbung und seine Melodie geben. Wenn wir dann, als Archäologen der Seele, uns diesen Schätzen zuwenden, entdecken wir, wie verwirrend sie sind. Der Gegenstand der Betrachtung weigert sich, stillzustehen, die Worte gleiten am Erlebten ab und am Ende stehen lauter Wiedersprüche auf dem Papier. Lange Zeit habe ich gegelaubt, das sei ein Mangel, etwas, das es zu überwinden gelte. Heute denke ich, dass es sich anders verhält: dass die Anerkennung der Verwirrung der Königsweg zum Verständdnis dieser vertrauten und doch rätselfhaften Erfahrungen ist. Das klingt sonderbar, ja eigentlich absonderlich, ich weiss. Aber seit ich die Sache so sehe habe ich das Gefühl, das erstemal richtig wach und am Leben zu sein.
Amadeu Inacio de Almeida Prado, gefunden in Pascal Mercier Nachtzug nach Lissabon.