Coachingausbildung? Noch eine Reaktion
Paul Baumann aus der Gruppe OE/Coaching 08 bringt das Thema nochmals genau auf den Punkt:
Bei genauerem Durchlesen des Artikels von Kuntz stimme ich ihm noch stärker zu als beim ersten Überfliegen. Coaching ist m.E. kein eigener, unabhängiger Beruf. Ein Coach braucht eine eigene solide Feldkompetenz und Berufserfahrung. Ich erlebte in den letzten Jahren mehrmals, dass Newcomer mit zu schmaler eigener Erfahrungsbasis als Coachs scheiterten und dann arbeitslos wurden. Ich kann auch nicht– zumindest nicht sofort – weit über meiner Hierarchiestufe, in der ich vorher tätig war, als Coach arbeiten. Dennoch gibt es Coachs, die im Laufe der Jahre auch in anderen Feldern als ihrem angestammten aktiv werden – meist auf Empfehlung von zufriedenen Kunden, also als direkte Folge Ihrer soliden Arbeit.
Auch wenn eine Coaching-Ausbildung nicht direkt zu einem eigenständigen Beruf führen mag: Sie ist dennoch eine sehr gute, die eigene Ausbildung ergänzende Zusatzqualifikation. Im Sozialbereich z.B. gibt eine absolvierte Supervisions- und Coachingausbildung oft den Ausschlag, als Gruppen-, Abteilungs- oder Bereichsleitung tätig werden zu können. Bei einer Bewerbung ist sie neben der Fachausbildung ein eindeutiger Pluspunkt. Die erworbenen Kompetenzen sind in der neuen Tätigkeit durchaus von Nutzen. Und etliche dieser Leute sind ausserdem zusätzlich entweder innerhalb ihrer eigenen Institution / Organisation oder freiberuflich nebenher als Coach tätig. Eine gute Sache, meine ich. Im Buch «Mythos Coaching» (Dahinden/Freitag/Schellenberg, Zürich 2009) findet man übrigens interessante und solide erhobene Daten zum Schweizer Coachingmarkt.
Wenn Kuntz jeder Coachingperson empfiehlt, zuerst eine solide Trainer- und Beraterausbildung (was ist da überhaupt genau gemeint?) zu absolvieren, dann empfehle ich umgekehrt jedem Fachtrainer und Fachberater, zusätzlich eine solide Coachingausbildung zu absolvieren. Die Betonung liegt dabei auf «solide». Die BSO Anerkennung ist dabei nur eines der wichtigen Kriterien, andere wären z.B. eine erhöhte Sozial- und Selbstkompetenz, Wahrnehmungsfähigkeit, Reflexions- und Methodenflexibilität, etc..
Die Finanzberechnung von Kuntz teile ich – würde allenfalls sogar weiter gehen. Wenn ich schon selbständig sein will, soll es sich auch lohnen. Um netto ungefähr einen Sekundarlehrerlohn zu erreichen, ist ein Umsatz von ca. Fr. 170‘000.- nötig. Davon geht der erwähnte Drittel weg für Infrastruktur und Lohnnebenkosten. Etliche mir bekannte Beraterpersonen rechnen nur mit einem Drittel verrechenbarer Zeit. D.h. etwa 80 bis 90 Tage pro Jahr sind verrechenbar. Der nötige Tagesumsatz kann also statt mit Fr. 1000.- durchaus mit gegen Fr. 2000.- veranschlagt werden.